Himmelhofgasse 17-19
Österreich
Time to say goodbye...
Ich vermisse. Ich vermisse mich selber, die Leute die ich mal geliebt habe und die Orte, wo wir zusammen waren. Ich bin der Mensch, der seine Sehnsucht im Inneren versteckt, ABER der die wahre Liebe sucht.
Mein Leben nahm eine Wendung, als ich von Mailand nach Siebenbürgen umgezogen bin. Ich habe zum ersten Mal alles verloren und ich bereue es noch immer. Ich lebte in der Innenstadt in einem großen Haus mit einer Terrasse, voll mit Blumen. Meine Oma liebte weiße Rosen, sie hat immer gemeint, dass sie Reinheit und Zufriedenheit bedeuten. Sie ist die Einzige, die mich uneingeschränkt geliebt hat, die niemals dumme Fragen gestellt hat und die immer gewusst hat, wie ich meine Angelegenheiten behandeln möchte und warum. Obwohl die Jahre vergangen sind und tiefe Spuren in ihrer Physiognomie gelassen haben, behält sie sich ein schönes junges Gesicht. Ihre Augen sind aber nicht mehr die Gleichen, sicherlich auch nicht meine, und ihr Lächeln ist jetzt voller Falten, die wir nach unserem stillen Krieg erworben haben. Ihre Seele ist jetzt ein Loch, das einmal mein Dasein erwärmt hat.
Die Kindheit ist eine wunderbare Welt, in der die Traurigkeit fehlt. Leider war es in meinem Fall nicht so. Ich kannte keinen in diesem neuen Land, und als ich in die Schule hingegangen bin, haben mich alle ausgelacht, aufgrund meiner italienischen Betonung.
Ich habe sehr viele Briefe geschrieben, aber ich habe sie niemals an Anna geschickt. Anna war meine beste Freundin und Schulkollegin aus Italien. Ihre Augen waren so schwarz, dass, wenn ich den Kopf in ihren Schoss gebettet habe, sie den Schein erweckten, sie seien eine Quelle, aus der die Nacht geheimnisvoll hervorquillt und über Berge und Fluren strömt, und sich dann in ein Meer von Finsternis umwandeln.
In Österreich habe ich einen anderen Livio kennengelernt. Er sah so wie ich aus, sehr auffällig, aber viel ruhiger, und ich konnte in dem Aufschlag seiner Wimpern seine Gefühle lesen. Ich bin von ihm weggelaufen, ich schrie, ich seufzte, ich verfluchte und verletzte ihn. Ich lebte aus dem Hass. Aber zum ersten Mal in meinem Leben bin ich stehen geblieben und blickte in die Zeit zurück. Er war noch immer dort, noch immer so unschuldig, so unverändert.
Wenn die Zeit vergeht, scheint die Stille…
Ich habe mich so leer gefühlt. Ich hatte nichts mehr und musste mich dennoch dem Leben stellen, musste standhaft bleiben, wenn aber die anderen mich lehren wollten, den Kopf zu verbeugen. Ich habe geliebt, ohne geliebt zu werden, ich habe geschenkt, ohne dass mich jemand um was bittet, und habe geweint, als alle lachten. Meine Traurigkeit war so tief, dass sogar der Ozean eifersüchtig gewesen wäre.
Ich hätte es mir niemals vorstellen können, dass die Vergangenheit in mein Leben zurückkehren würde. Die Morgensonne fiel durch mein Fenster herein, es war so schön und warm draußen. Die Welt war erfüllt von ihrem Duft, aber ich konnte ihn noch nicht erkennen.
Ein Freund aus Italien hatte sich angekündigt und ich fuhr zum Flughafen, um ihn abzuholen. Als Eduardo mich sah, nahm er meine Hand und befahl mir meine Augen zu schließen. Er hatte eine Überraschung für mich. Ich weiß nicht woher und wie, aber meine Anna war gekommen. Ich habe mich so glücklich gefühlt und sprang in ihre Arme. Sie war aber anders. Ich verstand nicht, warum sie mich nicht umarmte, warum sie sich nicht darüber freute, warum sie schwieg…
„Wie geht es dir? Schmerzt es dich mich zu sehen?“ Anna sah mich mit fragenden Augen an. „Ich freue mich! – Ja, ich bin froh, weil ich weiß, dass es dir wehtut, ich bin froh, dein Lebensquell und dein Henker zu sein, ich bin froh, dass ich der Grund bin, wenn du Albträume hast! Jetzt erst kann ich den Duft der Wirklichkeit riechen. Ich gebe es zu, dass ich verletzt bin, ich bestätige, dass ich nicht in der Lage bin, alles zu rekonstruieren, was du eines Tages zerstört hast. Ich gebe es zu, dass nichts besser schmeckt als der Geschmack deiner Tränen. Anstatt zu weinen, habe ich entschieden, mit mir selber zu streiten, bis zur - ja, bis zur Erschöpfung zu kämpfen und dich zu zerreißen, bis nur mehr Asche von dir übrig bleibt! Dich, den ich einst geliebt habe, dich werde ich mit mir ins Unglück stürzen. Dir nehme ich die Seele und tanze mit ihr auf den Ruinen unseres ehemaligen Glücks.“
Du Zeit, hast mich gelehrt, jede Falte zu genießen, die auf meinem Gesicht erscheint. Du hast mich gelehrt, die Süße in einem schwarzen Kaffee zu finden, und dass der älteste Sohn meines Herzens, ein wahres Lächeln ist. Du hast mich gelehrt, dass der Schmerz der erste Schritt zum Glück ist.
Ich genieße gerade eine kühle Nacht. Ich schaue mir den Mond an. Man sagt, dass die Sonne den Mond so sehr liebt, dass er jede Nacht stirbt, um ihn atmen zu lassen. Ich spürte wie die Tränen über meine Wagen flossen und schloss die Augen, und sah ein schwarzes Paradies.